Getreidefreie Diäten- bloß ein Trend oder Grund zur Sorge?
Wer kennt es nicht? In den letzten Jahren konnte man einen großen Wandel in der menschlichen Ernährung beobachten: Viel mehr Menschen ernähren sich getreide- und glutenfrei.
Und genau dieser Trend hat sich auch in der Ernährung unserer lieben Vierbeiner festgesetzt.
Nun stellt sich die Frage, ob das gut so ist und der Hund vielleicht gar kein Getreide in seinen Mahlzeiten benötigt oder ob der Mangel an Getreide vielleicht auch zu Krankheiten führen kann?

Hier findest du getreidefreie Snacks:
Zunächst wissen wir ja, dass der Hund vom Wolf abstammt und ein Fleischfresser (Carnivor) ist. Vor über 10.000 Jahren begannen die Menschen mit der Domestikation des Wolfes. Interessanterweise hat man kürzlich herausgefunden, dass bestimmte Gene, die für Enzyme der Kohlenhydratverdauung kodieren, sich im Laufe der Zeit verändert haben. Beispielsweise gibt ein Enzym namens Pankreasamylase, welches von der Bauchspeicheldrüse gebildet wird und für die Spaltung großer Zuckermoleküle verantwortlich ist. Genau dieses kommt beim Hund um ein Vielfaches mehr vor als bei der Katze, was zeigt, dass der Hund kein strenger Fleischfresser ist. Oft hört man das Gerücht, Getreide sei bloß ein Lückenfüller im Hundefutter. Jedoch enthält Getreide auch B-Vitamine sowie verschiedene Mineralstoffe (Kalium, Magnesium, Phosphor etc.) und kann deswegen als wichtiger Bestandteil der Nahrung gelten.
Im Juli 2018 bemerkte die Food and Drug Administration in den USA, dass bestimmte Hunde vermehrt mit einer Herzerkrankung namens dilatative Kardiomyopathie auffielen. Die dilatative Kardiomyopathie, kurz DCM, ist eine Erkrankung des Herzmuskels, bei welcher sich dieser erweitert und folglich nicht mehr so gut in der Lage ist, zu kontrahieren. Das resultiert in einer schlechten Pumpleistung, also kann nicht genügend Blut in den Kreislauf gepumpt werden. Man nimmt an, dass die DCM aus einer Kombination viraler, toxischer, genetischer und ernährungsbedingter Ursachen zustande kommt. Besonders häufig kann man die DCM bei Dobermännern, Irischen Wolfshunden und Cocker Spaniels beobachten. Aufgrund kompensatorischer Mechanismen ist es oft in der okkulten (subklinischen) Phase nicht möglich, klinische Symptome zu beobachten. Darum ist es wichtig, bei risikobehafteten Rassen regelmäßige Screenings durchführen zu lassen.
Neueste Forschungsergebnisse weisen nun auf einen möglichen Zusammenhang
zwischen einer getreidefreien Diät und der Entstehung einer DCM hin. Die bei der FDA gemeldeten Fälle fielen allesamt durch einen signifikanten Anteil von Kartoffeln, Hülsenfrüchte wie Erbsen oder Linsen und Samen von Hülsenfrüchten auf.
Eine retrospektive Studie der North Carolina State University of Veterinary Medicine verglich den Schweregrad und das Outcome der DCM zwischen den Gruppen, die eine getreidefreie und die, die eine getreidehaltige Diät bekamen. Dabei fiel auf, dass die getreidefrei gefütterten Hunde eher jünger waren und zudem keine genetische Prädisposition für eine DCM besaßen. Nichtsdestotrotz müssen diese Daten kritisch betrachtet werden, da bisher kein wissenschaftlicher Zusammenhang hergestellt werden konnte. Jedoch konnte in den meisten Fällen durch eine Futterumstellung eine Besserung der DCM und ein Rückgang der Erweiterung des Herzmuskels beobachtet werden. Es laufen aktuell jedoch zahlreiche Studien, die sich damit genauer beschäftigen.
Des Weiteren entwickelten in einigen Fällen Hunde mit niedrigen Taurinwerten eine DCM. Taurin ist eine organische Säure und spielt eine wichtige Rolle im Stoffwechsel. Katzen sind übrigens nicht in der Lage, in ausreichender Menge Taurin herzustellen, sodass hier stets auf eine Supplementierung zu achten ist. Andernfalls kommt es zu einer Retinaatrophie, DCM und Fruchtbarkeitsstörungen. Beim Hund vermutet man, dass Vollkornreisprodukte bei einigen Hunden für niedrige Taurinwerte verantwortlich sind. Möglicherweise besteht bei den getreidefreien Diäten, deren Hauptbestandteile mit Linsen, Erbsen etc. angegeben werden, ein Mangel durch eine veränderte Absorption oder Synthese. Auch hier werden weitere Informationen benötigt, um einen wissenschaftlich fundierten Zusammenhang herzustellen und die Ursachen genauer zu verstehen. Zudem wurde aber auch ein familiärer Taurinmangel beim Golden Retriever festgestellt.
Bei einem Wert von unter 150nmol/ ml Blut liegt ein Taurinmangel vor. Durch Fütterung von Taurin in einer Dosis von 1000mg/Tag kann diesem entgegengewirkt werden. Eine Verbesserung der ultrasonographischen Parameter in Bezug auf eine Vergrößerung des Herzens sollte dann nach circa drei bis sechs Monaten erkennbar sein.
Wie bereits mehrfach erwähnt, bleibt noch einiges an Forschung offen, um dieses Rätsel zu lösen. Fest steht allerdings, dass Sie Ihrem Hund im Regelfall sorgenlos Getreide füttern können. Sollten Sie einen Verdacht auf eine Herzerkrankung bei Ihrem Hund haben, lassen Sie dies sobald wie möglich von Ihrem Tierarzt abklären.
Hier findest du getreidefreie Snacks:
Quellen:
McCauley, S. (2020). Review of canine dilated cardiomyopathy in the wake of diet-associated concerns. Journal of Animal Science.
Kamphues, J. et al (2014), Supplemente zur Tierernährung, 12. überarbeitete Auflage, M. & H. Schaper
Ettinger, S.; Feldman, E. (2009), Textbook of Veterinary Internal Medicine (seventh edition), Elsevier.
https://www.avma.org/javma-news/2021-01-01/fda-urges-collaboration-dilated-cardiomyopathy-afflicts-more-dogs
https://www.fda.gov/animal-veterinary/outbreaks-and-advisories/fda-investigation-potential-link-between-certain-diets-and-canine-dilated-cardiomyopathy